Tierschutzerlebnisse

Eine Tierschutzfreundin, die heute auch ein "Helficus" ist und früher ehrenamtlich in einem kleinen Tierheim geholfen hat, fühlte sich durch unseren gestrigen Blogbeitrag in ihre aktive Zeit zurück versetzt und schickte uns einen Text, den sie im Jahr 2005 geschrieben hat.

 

Wir freuen uns über diesen Beitrag, zeigt er doch genau auf, wie emotional mitnehmend die Arbeit im Tierschutz oft ist:

 

 

"Warum…..

 

….. tue ich mir das an, hab ich mich gestern gefragt. 

Die Erlebnisse der letzten Tage ließen mich gestern fassungslos und mit zusammen gekrampftem Magen unseren Tropfen der Tierhilfe auf dem endlos heißen Stein einfach so verzischen hören.

 

Bei unserer mühsamen Suche und endlosen Tombola-Spenden-Anfragen für unseren Tag der offenen Tür musste ich feststellen, dass die Firmen größtenteils solche Anfragen schlicht und ergreifend ignorieren. Ein paar nette Rückmeldungen gab es, ja sogar ein paar freundlich geschriebene Absagen, dass das Budget für solche Sachen entweder gar nicht vorhanden ist oder aber anderweitig eingesetzt wird. Nach welchen Prioritäten wird dieses Budget eingesetzt, frag ich mich da. Mensch vor Tier? Bei diesen Menschen, die den Tieren solches Leid zufügen?

 

Warum denken die Firmen nicht nach, frag ich mich da.

 

Beim Trödel für unseren Tag der offnen Tür hatten wir in den letzten Tagen dafür einen ganz besonderen Spender, der zwei Kartons mit Trödel einfach vor das Tor gestellt hat. Eigentlich nicht schlimm, doch als unsere Tierpflegerin die Kartons öffnete, sah sie, dass sich in einem der beiden Kartons 2 Katzen befanden!! Sie nahm eine der beiden Katzen und griff in einen offenen Tumor!! Abgesehen von dem furchtbaren Gestank und dem ekelhaften Gefühl in so etwas hinein zu greifen – kann sich auch nur einer vorstellen, wie dieser Moment für einen tierlieben Menschen sein muss?? Und für die Katze erst??!! "Danke, edler Spender! Zumindest konnte unsere Tierpflegerin die Katze von ihrem Leid erlösen, denn sie wurde sofort zum Tierarzt gebracht und dort erlöst. Etwas anderes war nicht mehr möglich." Doch das Gefühl an der Hand, diesen Geruch in der Nase sowie der Anblick dieses erbärmlichen Kätzchens, das in einem todesnahen Zustand wie Trödel in einem Karton vor die Tür gestellt wurde, der wird sie so schnell nicht mehr loslassen. 

 

Wie kann ein Mensch nur, frag ich mich da.

 

Dann gehe ich selbst mit einem unserer Hunde zum Arzt und höre, wie eine Familie ihren 12-jährigen Hund einschläfern lassen will und sich sehr einfallsreich Gründe über Gründe einfallen lässt, warum er gesundheitlich am Ende ist. Voller Arthrosen sei er und könne nicht mehr laufen. Doch springt er ohne Hilfe vor den Augen des Arztes in einen Geländewagen!! Gut, damit kamen sie nicht durch, also war der Hund plötzlich voller Krebs und auch der Darm und überhaupt wäre der Hund sterbenskrank. Doch ergaben Blut- und Kotwerte, dass auch hier keine ernsthafte Erkrankung vorlag. Dank des guten Herzens des Arztes und der Überzeugungskraft von letztendlich vier Leuten ist dieser zwar alte, aber gesunde und lebensfrohe Hund der Todesspritze entkommen.

 

Einen gesunden, lebensfrohen Hund als krank "verkaufen", ihm das Leben nehmen wollen, nur weil man keine Lust mehr auf ihn hat oder er Arbeit macht? 

 

Wie können die Menschen nur, frag ich mich da. 

 

Ganz nebenbei erzählt dann dieser Tierarzt von einem Hasen, der abgegeben worden war, angeblich als Fundhase, weil die Rechnung nicht bezahlt werden konnte oder wollte und bei diesem Hasen war eine Gesichtshälfte aufgrund einer Krankheit so zerfressen, dass man noch nicht mal mehr erkennen konnte, ob das Auge auf dieser Seite überhaupt noch existiert! 

 

Wieder hat dieser Arzt mit Herz gehandelt, hat dieses Tier als Fundtier aufgenommen, es behandelt und ein neues Zuhause für ihn gefunden, das er jetzt wieder gesund und mit vollständigem Gesichtchen – ja er hat noch beide Augen – durchhoppelt und plötzlich meldete sich auch die Familie, die ihn damals angeblich gefunden hatte und interessierte sich für den gesunden (!) Hasen. 

 

Wie kann erst zugelassen werden, dass schon eine Gesichtshälfte so zerfressen ist, dass man noch nicht mal mehr das Auge erkennen kann?! 

 

Von diesen Ereignissen schon mitgenommen, höre ich abends, dass sich der Besitzer unseres dreibeinigen Fundhundes, der vor wenigen Tagen zusammen mit einem anderen Fundhund abgegeben wurde im Tierheim hat blicken lassen und seine verwahrlosten Hunde wiederhaben möchte. Als unsere Tierpflegerin ihn nach Besitzerbeweisen fragt, kann er von dem armen und dünnen Dreibeiner noch nicht mal ein Foto vorlegen, geschweige denn einen Impfpass noch eine Versicherung noch sonst irgendwas. Und auf die Frage hin, warum er denn drei Beine hat, sagt er völlig emotionslos, dass er aus seinem Zwinger abhauen wollte und beim Sprung mit dem einen Bein hängen geblieben sei. Ja und was denn mit dem zweiten Fundhund wäre, ja der würde mit im Haus leben. Wohl genährt und sehr zutraulich, versteht sich. Im Vergleich zu dem armen, dünnen, ängstlichen Dreibeiner, der schon versucht hat, aus dem Zwinger zu entkommen und noch immer in diesem Leben muss, ohne menschliche Zuwendung wie sich aus diesem "Gespräch" heraushören ließ. 

 

Auf meine Frage hin, ob man diesem Menschen das arme Tier wieder aushändigen muss, kommt eine Antwort die ich nicht verstehen kann und die mir das Herz zusammen zieht.

 

Wie können die Menschen nur, frag ich mich da.

 

Mit welchem Recht?!

 

Die Zwinger sind voll und auch im Katzenbereich ist Annahmestopp dabei hat die Ferienzeit noch nicht mal angefangen. Wirklich traurige und verabscheuungswürdige Ereignisse in nur wenigen Tagen lassen einen aufschreien: WIE KANN DER MENSCH NUR? Warum tue ich mir dieses Leid an?! Es ist ein Tropfen auf den heißen Stein, denn helfe ich heute dem einen, steht morgen der nächste Karton vor dem Tor, doch dann kommt mir immer der Spruch von dem Seestern in den Sinn, der mir Mut und Durchhaltevermögen gibt und mich denken lässt:

 

"Die Tiere können sich selbst nicht helfen. Wer soll ihnen sonst helfen, wenn nicht wir" und noch während ich mir die Tränen der Verzweiflung trockne und die Geschichte vom Seestern vor Augen führe, schreibe ich schon wieder die nächsten Tombola-Spenden-Anfragen, in der Hoffnung, dass es Menschen gibt, die uns helfen unseren Tieren zu helfen, denen der Mensch so viel Leid zufügt und der trotzdem selbst bei einer einfachen Kugelschreiberspende noch immer über die Tiere gestellt wird.

 

Wie blind ist der Mensch nur, frag ich mich da.

 

 

Seesterne

 

Es war einmal ein alter Mann, der jeden Morgen einen Spaziergang am Meeresstrand machte. 

 

Eines Tages sah er einen Jungen, der vorsichtig etwas aufhob und ins Meer warf. Er rief: "Guten Morgen, was machst du da?" 

 

Der Junge richtete sich auf und antwortete: 

"Ich werfe Seesterne ins Meer zurück. Es ist Ebbe, und die Sonne brennt herunter. Wenn ich das nicht tue, sterben sie." 

 

"Aber, junger Mann, ist dir eigentlich klar, dass hier Kilometer um Kilometer Strand ist. Und überall liegen Seesterne. Die kannst du unmöglich alle retten, das macht doch keinen Sinn." 

 

Der Junge hört höflich zu, bückt sich, nimmt einen anderen Seestern auf und wirft ihn ins Meer, lächelt: 

"Aber für diesen macht es Sinn." 

 

(Nach: "The Star Thrower" von Loren Eiseley)

 

 

 

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